von Christina Kaiser
Spätestens Anfang Februar lechzen die meisten von uns hier in Europa nach mehr Sonnenstunden. Herzlich Willkommen Winterblues! Die damit verbundene schlechte Laune, Antriebslosigkeit und müde Haut und sind weit verbreitet aber gar nicht erwünscht. Das ist Grund genug für uns, mal etwas tiefer in dieses Thema einzutauchen. Ist das alles Einbildung mit dieser Wintermüdigkeit, wie erkenne ich Winterdepression, wie effektiv ist Lichttherapie und wieviel Licht brauchen Körper und Seele wirklich?
Die gesundheitlichen Vorteile von natürlichem Licht
Licht hat für das Sehen, aber auch als Taktgeber für unseren Tag-Nacht-Rhythmus eine zentrale Bedeutung. Ohne Licht wären unsere Tage unstrukturiert. Erst der Wechsel zwischen hell und dunkel – also Tag und Nacht – bringt unserem Tagesablauf die notwendige Struktur. Zellen im Auge verarbeiten das Licht und regeln im Körper die Produktion von Hormonen. Tageslicht durch seinen hohen Blauanteil, lässt uns munter sein - es unterdrückt über die Sinneszellen der Augen die Produktion des Schlafhormons Melatonin. Abendlicht, das einen hohen Anteil an rotem Licht hat, regt die Produktion von Melatonin an. Licht also ist der Grund für einen geordneten Bio-Rhythmus.
Tageslicht tut Menschen einfach gut. Die Strahlen der Sonne sind kostenlose Muntermacher und beeinflussen unsere Stimmung positiv, weil Licht die körpereigene Produktion des Glückshormons Serotonin, das uns fit und leistungsfähig macht, ankurbelt. Das ist auch der Grund, warum man im Sommer sich oft besser fühlt - im Winter fehlt uns einfach das Tageslicht mit aktivem blauen Lichtanteil.
Und was ist Paleo Lighting?
Wissenschafter befassen sich seit einiger Zeit mit dem Thema Paleo Lighting. Denn nicht nur Sonnenlicht beeinflusst unseren Bio-Rhythmus, sondern auch Raumlicht. Wir haben eine biologische Hauptuhr, die sich in unserem Gehirn befindet, sowie eine in jeder Zelle unseres Körpers. "Dies bedeutet, dass jede Zelle in Leber, Niere, Herz und sogar Haut eine molekulare Uhr hat, die optimiert, wann grundlegende körperliche Prozesse - Verdauung von Nahrungsmitteln, Abbau von Molekülen, Energieerzeugung - stattfinden sollten", sagt Dr. Shadab Rahman, Schlafforscher an der Harvard Medical School.
"Im Idealfall stimmen unsere biologischen Rhythmen mit dem Rhythmus der natürlichen Welt, der Tage und Nächte überein. Aber künstliches Licht hat dies geändert. Mit einem Knopfdruck können wir von Dunkelheit zu Licht wechseln. Und dies kann sich negativ auf unsere Gesundheit auswirken, weil es unserer Evolution widerspricht."
Das Licht setzt sich aus einem Farbenspektrum zusammen. Der Blauanteil am Tageslicht macht wach - doch das funktioniert selbstverständlich auch bei Nacht. Und das ist die Schattenseite des Phänomens. Denn bläuliches Kunstlicht am Abend – wie es von Monitoren, Displays und Bildschirmen ausgeht – kann unseren Tag-Nacht-Rhythmus und somit unsere Nachtruhe empfindlich stören. Es reduziert wie helles Sonnenlicht die Melatonin-Ausschüttung, was uns den Schlaf raubt. Und Schlafmangel schadet nicht nur unserer allgemeinen Stimmung und macht uns am nächsten Tag müde, sondern hat noch weiterreichende Konsequenzen auf unsere Gesundheit.
Die Auswahl der richtigen Lichtquellen in Räumen als auch die Reduktion von Handy & PC Konsum am Abend können die Schlafqualität deutlich verbessern. Hersteller mobiler Geräte haben bereits die Funktion "Night-Shift" entwickelt. Zu einer vom Nutzer frei zu definierenden Abend- und Nachtzeit wird das Display automatisch abgedunkelt und orange-rötlich eingefärbt. Das vermindert den negativen Effekt des blauen Display-Lichts.
Was du über Vitamin D wissen solltest
Aber Licht regelt noch mehr als Hormone und den Tag-Nacht-Rhythmus: Tageslicht ist auch an der Vitaminbildung in unserem Körper beteiligt. Sonnenlicht ermöglicht die Bildung von Vitamin-D, das eigentlich ein Hormon ist und welches unser Immunsystem stärkt und das Risiko von Osteoporose, Herzerkrankungen, Gewichtszunahme und Krebs reduzieren kann. "Schon jetzt sind mehr als hundert Gene in über 30 Organen und Geweben bekannt, die physiologisch durch Vitamin D aktiviert werden. Entsprechend weitreichend seien die potenziellen Folgen eines Vitamin-D Mangels", so der Münchener Ernährungsforscher Dr. Nicolai Worm. "Von Mitte Oktober bis Mitte März sind in unseren Breiten selbst zur Mittagszeit die Einfallswinkel der Sonnenstrahlen zu flach, um eine nennenswerte Vitamin-D Synthese zu stimulieren. Unsere übliche Ernährung kann dies nicht kompensieren, außer man äße täglich fetten Wildfisch. Wer deshalb in den Sommermonaten nicht genügend Vitamin-D-Reserven aufgebaut hat, ist eigentlich auf eine Ergänzung angewiesen." sagt Worm. Laut Studien leiden mehr als 60% deutscher Männer & Frauen an Vitamin-D Mangel!
Wie kann ich dem Winterblues entkommen?
Im ersten Schritt ist es wichtig festzustellen, ob man "nur" an Winterblues leidet, oder die saisonale Verschiebung und der damit verbundene Mangel an Sonnenlicht eine Winterdepression, die als saisonale affektive Störung (SAD) bekannt ist, ausgelöst haben. Menschen mit SAD - Frauen neigen dazu, mehr saisonale affektive Störungen zu entwickeln als Männer - leiden ab dem späten Herbst unter anderem an Traurigkeit, Antriebslosigkeit, Gewichtszunahme, Konzentrationsschwäche und Müdigkeit. So sind Menschen mit Winterdepression extrem müde bis hin zur Schlafsucht (Hypersomnie). Die Symptome verschwinden im Frühjahr. Experten vermuten die Ursache der SAD vor allem in den veränderten Lichtbedingungen im Winter. und einer damit veränderten Hormonproduktion also einem erhöhten Level Melatonin (Schlafhormon) und verringertes Level Seratonin (Glückshormon).
Licht als Therapie
Menschen bei denen Winterdepression diagnostiziert wird, empfiehlt man im ersten Schritt Lichtherapien bevor man zu Anti-depressiva greift. Sogenannte Lichtboxen verhelfen zu mehr blauem "aktivierendem" Licht. Diese Lichtboxen versorgen den Körper mit 10.000 lux (Maß für Lichtintensität). Raumlicht ist bei ca. 100 lux, wohingegen helles Sonnenlicht es auf 50.000 lux und mehr bringt. Bei einer Dosis von 10.000 lux reicht meist etwa eine halbe Stunde Lichttherapie am Tag. Besonders wirksam sei die "Lichtdusche" in den Morgenstunden, sagt Dr. Dieter Kunz, der Chefarzt der Klinik für Schlaf- und Chronomedizin am Berliner St. Hedwig-Krankenhaus. Er rät, in der Zeit zwischen sieben und zehn Uhr morgens eine Lichtdusche zu nehmen.
Nicht zu verwechseln sind diese Lichtboxen allerdings mit klassischer medizinischer Lichttherapie.
Dr. Daniel Johnstone von der University of Sydney erforscht die therapeutischen Einsatz von Licht für neurodegenerative Störungen wie Alzheimer oder Parkinson. Laut Dr. Johnstone gibt es bereits Studien und Forschungsprojekte mit Lichttherapie zu fast jedem Gesundheitszustand. Um nur einige zu nennen, scheinen zu, Beispiel psychiatrische Störungen wie Angstzustände von einer Rotlicht-Therapie zu profitieren, leichte Bestrahlung mit rotem Licht wird eingesetzt um die Haut zu verbessern, oder Haarausfall zu verhindern. Es gibt auch gute Belege für die kosmetischen Anwendungen von Licht und die Verjüngung der Haut bei den richtigen Wellenlängen. Untersuchungen haben auch gezeigt, dass Licht die sportliche Leistung und Erholung verbessern kann. Aus diesen Gründen gibt es einen enorm wachsenden Markt für persönliche Lichtgeräte.
5 Tricks wie man im Winter natürliches Licht aufnehmen kann
Die Verwendung von Lichttherapie sollte unbedingt vorab mit einem Arzt abgeklärt werden, es gibt jedoch einige andere sehr effektvolle Tricks, welche Menschen mit Winterblues helfen können ihre Lichtaufnahme zu erhöhen und folglich deren Stimmung deutlich aufzuhellen.
Spieglein, Spieglein an der Wand...
Helfe dem Licht sich zu reflektieren indem du Spiegel strategisch klug aufhängst, oder anlehnst. Spiegel funktionieren oft auch wunderbar als Ersatz für ein Wandbild oder aufgestellt am Bücherregal als Dekoration. Die Reflexion des Lichts macht deinen Raum automatisch heller.
Für alle high-tech Fans gibt es den Roboter-Spiegel Caia, der dem Sonnenstand folgt. So ist die maximale Lichtausbeute des Sonnenlichts garantiert. Einfach draußen oder direkt am Fenster aufstellen, ausrichten und drinnen wird es hell.
Vorhang frei!
Vorhänge sind ein wichtiges Detail, wenn es um Gemütlichkeit geht, allerdings nehmen vor allem dichte, dunkle Stoffe viel Tageslicht weg. Also, warum lässt du nicht, dort, wo es möglich ist, über die Wintermonate die Hüllen fallen? Wem es zu mühsam ist Vorhänge über den Winter abzunehmen, oder diese unbedingt als Sichtschutz am Abend benötigt, sollte diese zumindest mit einem Band oder einer Kordel zur Seite zu binden.
Farben-Strategie
Helle Farbtöne reflektieren Licht, wohingegen dunkle Farben Licht schlucken. Es muss allerdings nicht immer weiß sein, Pastelltöne hellen einen Raum optisch auf und sind freundlich und gemütlich zugleich. Es gibt übrigens auch Finishes, die Wandfarben glänzen lassen und so mehr Licht reflektieren.
Aber nicht nur die Wände auch Möbel tragen viel zur Helligkeit eines Raumes bei, was man unbedingt beachten sollte. Nicht zu vergessen ist aber der Boden, der oft die dunkelste Fläche eines Raumes ist. Mit einem hellen Teppich lässt es sich hier jedoch sehr gut behelfen!
Suche das Licht
Wir brauchen dir nicht zu sagen, dass viel Bewegung im Freien sich extrem positiv auf deine tägliche Dosis Tageslicht auswirkt. Für alles, was du lieber drinnen tust, versuche es zumindest im hellsten Raum deiner Wohnung zu tun. Mache Yoga, neben dem Fenster oder stelle dein Sofa um, damit Licht dich direkt anscheinen kann.
Der Lampentrick
So genannte Lichtwecker machen sich das Wissen um die Wirkung des Lichts zunutze, um uns dezent aus dem Schlaf zu holen. Sie simulieren den natürlichen Lichtrhythmus und tun so, als würde die Sonne aufgehen. Das langsam immer heller werdende Licht macht tatsächlich wach - und sorgt bei vielen für einen guten Start in den Tag. Zur Erinnerung: Licht am Morgen unterstützt unseren natürlichen Bio-Rythmus.
Warum die optimale Lichtplanung so wichtig ist
Es gibt bereits viele Architekten, die sich mit Lichtkonzepten und natürlichem Licht beschäftigen. Für diejenigen, die gerade kein Haus planen sei aber gesagt, dass auch die künstliche Ausleuchtung, also das Beleuchtungskonzept sehr entscheidend ist für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden.
Man sollte grelles Licht am Abend vermeiden und stattdessen Lichtquellen lieber dimmen, oder eine Leuchte mit warmweißen Licht verwenden. Eine Farbtemperatur um 2.700 Kelvin ist für uns angenehm, das entspricht einer herkömmlichen 40-Watt-Glühlampe
Bei einer durchschnittlichen Fläche von 80m2 benötigt man ungefähr 5.000 Lumen als primäre Lichtquelle (65 Lumen pro m2). Über einem Esstisch braucht man es normalerweise etwas heller (daher 100 Lumen pro m2). Wenn dein Tisch also 3,5x1,5m groß ist, sind das 525 Lumen.
Beachte jedoch, dass diese Zahlen für typische Bedingungen gelten. Wenn du zum Beispiel besonders dunkle Wände und Möbel hast oder Leuchten mit Schatten verwenden, benötigst du ungefähr weitere 30 Lumen pro Quadratmeter. Auch die Raumhöhe ist bei der Lichtplanung zu berücksichtigen. Unsere Berechnungen basieren auf 2,5 Meter Decken.
Schließlich spielen persönliche Vorlieben die größte Rolle bei deiner Entscheidung. Wenn du möchtest, dass der Raum besonders hell ist, kannst du unsere Zahlen um weitere 10 bis 20% erhöhen. Tatsächlich besteht der beste Ansatz für die meisten Räume darin, höher zu zielen und Dimmer zu installieren, um das Lichtniveau auf das gewünschte Level zu senken.
Gute Einrichtungsplaner und Interior Designer planen in jedem Raum mehrfache Lichtquellen mit unterschiedlichen Lichtintensität ein, je nach individuellen Lebensgewohnheiten. Es gibt auch spezialisierte Licht-Architekten, sehr kompetente Elektriker, oder auch gute Lampenhändler helfen gerne bei der Beleuchtungs-Planung.
Noch zu erwähnen sei, dass es mittlerweile biodynamische Leuchten gibt. Bei Human Centric Lighting geht es um eine „zircadiane Beleuchtung“, ein Beleuchtungskonzept, das den natürlichen Tageslichtverlauf imitiert und dem biologischen Rhythmus des Menschen nachempfunden ist. So gibt es beispielsweise Leuchten, die sowohl mit warmweißen als auch kaltweißen LEDs ausgestattet sind. Durch die Veränderung der Lichtintensität und Lichtfarbe kann der Tagesverlauf nachempfunden werden. Enorm wichtig, sind dabei die richtige Dosierung sowie die passende Lichtfarbe.
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