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Fokus: Wie durch unsere Aufmerksamkeit neue Wege entstehen

von Andrea Herrmann

Höher, schneller, weiter. In unserer Gesellschaft bewegen wir uns permanent auf der Überholspur. Nie bot das Leben mehr Möglichkeiten als heute sich zu entfalten, nie gab es mehr verheißungsvolle Wege zu beschreiten. Doch wie gewinnen wir Klarheit über unsere Entscheidungen? Was finden wir am Ende des Weges, wenn wir eine Richtung einschlagen?


Wenn der Fluss des Alltags droht uns mitzureißen und den Blick aus das Wesentliche zu trüben, ist es wichtig die eigene Aufmerksamkeit bewusst auszurichten und danach zu handeln. Denn oft erwächst das volle Potenzial einer Idee oder eines Vorhabens erst aus unserer Entscheidung und ermöglicht ungeahnte Ergebnisse. Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Wie viel bestimmt also der richtige Fokus im Leben? Und welche Rolle spielen dabei klare Ziele - sind sie wesentlich oder wandelbar?


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Darüber haben wir mit Unternehmerin Cecilia Capri gesprochen. Gemeinsam mit ihrem Mann gründete sie die Marke „We Are Flowergirls“ und führt nebenbei eine Kreativagentur. Uns hat sie verraten, wie sie zwischen ihren Projekten den Fokus nicht verliert und wovon sie sich leiten lässt. Cecilia erzählt im Interview welche Chancen ganz unerwartet an die Tür klopfen, wenn wir Veränderung zulassen und die Aufmerksamkeit und Energie auf Dinge richten, die wir lieben.


Erzähle uns ein bisschen über dich. Wie würden deine Freunde dich beschreiben?


Wahrscheinlich würden sie sagen: impulsiv, umtriebig, hilfsbereit und naiv. Wenn ich eine Idee habe, will ich gleich in die Umsetzung kommen. Nicht lange reden, sondern einfach erst mal machen. Ich bin eine Person, die sich über Erfolge von anderen freut. Ich arbeite gerne im Team und mag es mich mit anderen Selbstständigen oder Labels auszutauschen und zu schauen, wo man sich gegenseitig unterstützen kann. Wenn mich jemand nach Hilfe fragt, teile ich gerne meine Expertise und Erfahrungen. Mir gibt es total viel, wenn mich jemand anstrahlt und ich weiß, dass ich helfen konnte. Meine Freunde würden mich allerdings nie anrufen, wenn sie einfach nur mit jemandem gemeinsam jammern wollen. Wenn es jemandem nicht gut geht, versuche ich ihm Mut zuzusprechen und zu motivieren. Nur sich ausheulen und bemitleiden lassen kann man bei mir nicht so gut.


Wenn Du an Cecilia vor deiner Gründung denkst und so wie du dich heute kennst, hat sich deine Einstellung in irgendeiner Weise verändert?


Wenn ich jetzt darüber nachdenke, was in den letzten Jahren alles passiert ist, finde ich es total gut wie naiv ich früher war. Ich hätte nie erwartet, wie herausfordernd es wird, was die Höhen und Tiefen mit Freundschaften und der Beziehung machen. Dafür bin ich sehr dankbar, denn ohne diese junge Naivität hätte ich das alles vielleicht nie gemacht. Heute sehe ich auch weniger Wichtigkeit in finanziellem Erfolg - mit der Zeit stehen andere Dinge im Vordergrund. Ich möchte am Abend an den Tag denken und wissen, dass ich nicht nur einen Job mache, der mein Konto füllt. Sicherheit spielt für mich keine große Rolle. Ich lebe gerne im Hier und Jetzt und gebe das Geld das ich verdiene auch wieder aus. Ich fahre viel in den Urlaub, gehe auf Reisen, feiere große Geburtstage und lade meine Freunde auf ein Wochenende ein. Ich bin anspruchsvoll mir gegenüber geblieben. Doch um sich weiterzuentwickeln und den Fokus auf das Wesentliche zu behalten muss man lernen, zu bestimmten Dingen auch mal nein zu sagen.


Wie hat sich dein Leben verändert, als du dich entschieden hast Unternehmerin zu werden und wie hat sich das auf deine Zufriedenheit ausgewirkt?


Zufrieden sage ich nicht so gerne, denn für mich ist das der Anfang vom Ende. Wie eine Kapitulation. Ich würde eher sagen: Im Inneren bin ich jetzt sehr glücklich. Die Entscheidung zur Selbstständigkeit war überhaupt nicht geplant. Davor war ich angestellt als Journalistin für Modemagazine, habe viel gearbeitet aber auch eigene Projekte verfolgt. Umtriebig war ich auch damals schon. Ich habe den Digitalbereich übernommen, nebenbei ein Buch geschrieben und einen Blog betrieben, weil mich das Arbeiten für andere nie ganz ausgefüllt hat. Auf diesem Weg habe ich viel gelernt und würde es sicher wieder so machen. Doch seit der Selbstständigkeit bin ich deutlich entspannter. Auch wenn ich nie wirklich in den Feierabend gehe und Verantwortung für Mitarbeiter trage, ist es immer meine eigene Entscheidung, was ich tue. Das gibt mir extrem viel Freiheit und ich denke auch mein Umfeld nimmt mich jetzt deutlich positiver wahr.


Du arbeitest an einigen verschiedenen Projekten gleichzeitig. Die Blumen, der Schmuck, die Bademode, der Co-Workingspace. Wie organisierst du dich?


Ich organisiere mich eigentlich gar nicht. Ja, unser Alltag ist sehr vielseitig. Gemeinsam mit meinem Mann habe ich die Brand mit dem Online Shop und Store in Wien und führe nebenbei noch unsere Kreativagentur.


„Ehrlich gesagt habe ich eine Struktur für mich noch nicht gefunden, aber Organisation und Struktur entspricht mir auch gar nicht.“

Natürlich endet das oft im Chaos. Gottseidank habe ich ein tolles Team, das für die Brand so da ist, als wäre es ihre eigene. Auf sie kann ich mich verlassen und Verantwortung abgeben, bei uns entscheiden alle mit. Vielleicht wäre vieles einfacher, wenn wir strukturierter wären. Wir könnten viel perfektionieren und Geld sparen. Aber wenn wir nach einem effizienten Konstrukt arbeiten, dann würde es auch nicht mehr so viel Spaß machen. Das wären dann nicht mehr wir.


Hast du einen Glaubenssatz oder Affirmationen, die dir bisher besonders geholfen haben?


Wenn dich was nicht glücklich macht, hör auf damit. Das ist mein größter Glaubenssatz. Ich versuche mein Leben so zu leben, als wäre es morgen vielleicht vorbei. Das klingt immer so gestresst, aber ich finde einfach, das Leben ist zu kurz, um sich durch etwas zu quälen. Natürlich muss man sich manchmal durchbeißen und „Effort“ in eine Sache stecken. Aber wenn heute ein sonniger Tag ist, dann gehe ich lieber mit dem Mädels aus dem Team nach draußen die Sonne.


„Mein anderer Leitsatz ist: Chaos ist erlaubt, denn es macht das Leben spontan und spannend. Wenn alles durchstrukturiert ist, bleibt kein Raum, in dem Neues entsteht.“

Ich will nichts abhaken oder Dingen nachlaufen, nur so ist es für mich echt. Dadurch sind wir auch kein Business, das expandiert und immer weiter wächst. Mir sind andere Dinge einfach wichtiger: Mein Leben, meine Freizeit und andere Projekte, die mich glücklich machen. Man könnte immer noch mehr tun, aber habe ich mich bewusst dagegen entschieden.




Viele Menschen tun sich schwer, solche Entscheidungen zu treffen. Was sind aus deiner Sicht gute Entscheidungen und wie trifft man sie?


Ich denke eine gute Entscheidung ist, wenn du dich in dem Prozess, den die Entscheidung mit sich bringt, wohl fühlst und du niemandem damit schadest. Das Wichtigste ist es, voll und ganz hinter einer Entscheidung zu stehen und danach zu handeln. Bis ich vielleicht merke, dass sie mich nicht dahin führt, wo ich hin will. Es kann eine Tür sein, die du aufgemacht hast um festzustellen, dass du im falschen Raum stehst. Dann solltest du nicht gleich aufgeben, sondern es mit der nächsten Tür versuchen. Es gibt keine falschen Entscheidungen, wenn man einen Fehler bemerkt und sich dann neu ausrichtet. Auch Rückzieher zu machen, ist okay.


Wie entscheidest du, wie viel Energie du in welches Projekt investierst? Muss für dich jede neue Idee umgesetzt werden?


Das ist eine Mischung aus Erfahrung und Bauchgefühl. Manchmal schlafe ich auch eine Nacht drüber und stelle fest, wie intensiv mich der Gedanke beim Einschlafen und Aufwachen beschäftigt hat und kann ihn dann recht schnell einordnen.


„Für eine kreative Person lauert an jeder Ecke eine Idee und man sollte sich sehr genau überlegen, in was man seine Energie investiert. Wenn ich eine Idee habe, von der ich begeistert bin, stelle ich mir den genauen Prozess der Umsetzung vor.“

Wenn der Weg und die Aufgaben dahinter mir nicht taugen, setze ich sie auch nicht um. Ich realisiere maximal zehn Prozent meiner Ideen. Vielleicht auch nur fünf.


Lässt du dich eher von Energie treiben, oder planst du deine Ziele genau?


Ich plane meine Ziele überhaupt nicht. Aber ich kenne meine Werte. Was mir wichtig ist: Meine Beziehung, meine Freunde und meine Zeit. Auf alle anderen Umstände bin ich nicht festgelegt und höre auf mein Gefühl. Wenn ich nächste Woche aufwache und feststelle, dass meine Brand mich nicht mehr erfüllt, würde ich sie einer Mitarbeiterin übergeben und glücklich damit werden, etwas anderes zu tun. Ich hab nicht so hohe Erwartungen an einen bestimmten Weg und klammere mich daran fest. Da es für mich keine Sackgassen gibt, kann ich mich da gut treiben lassen.


Wenn wir also davon ausgehen, dass Fokus nicht zwingend von Selbstorganisation, Zielsetzung oder Struktur abhängt. Wie gewinnst du dann Klarheit darüber?


Auch hier vertraue ich auf mein Bauchgefühl und mein Inneres. Neue Projekte entstehen meistens, wenn ich an etwas arbeite das mir Spaß macht. Wenn ich das Bedürfnis spüre etwas in meinen Alltag zu integrieren, plane ich es mir aktiv ein und mache es möglich. Merke ich dann bei der Umsetzung, dass es mich unglücklich macht, lasse ich auch dieses Gefühl zu und versuche wieder etwas zu verändern. Vielleicht aus einem inneren Antrieb heraus, glücklich zu sein. Ich schaffe es nicht, an drei Morgen hintereinander mit Sorgen aufzuwachen. Auch andere zu unterstützen und etwas mitzugeben, treibt mich an. Ich bin extrovertiert, gerne unter Menschen und liebe echten und emotionalen Austausch. Und dein Umfeld spiegelt dir oft viel von deinen eigenen Wünschen und Bedürfnissen.


Hast du es schon mal erlebt, dass sich durch gezielte Aufmerksamkeit neue Chancen ergeben?


Wenn du dich nur auf feste Abläufe konzentriert, entsteht nichts Neues. Vieles erwartest du nicht, bis es dir über den Weg läuft und du aktiv hin schaust. Aber die Richtung musst du schon selbst einschlagen und offen dafür sein, was kommt. Dann passiert ganz viel mit deinem Kopf und in deinem Herz.


„Als wir We Are Flowergirls gegründet haben, dachten wir nur an Flowercrowns für Parties und Festivals. Wir haben gar nicht gecheckt, wie groß das Potenzial in der Wedding Szene ist.“

Kurz nachdem wir angefangen haben, kam ein Kunde auf uns zu uns brachte uns erst auf die Idee, gezielt Bräute anzusprechen. Vieles an was du nicht denkst, ergibt sich erst unterwegs.


Menschen lieben Gewohnheiten und haben oft Angst vor Veränderungen. Wie gehst du mit Veränderungen um? Wie wichtig ist es, sich selbst herauszufordern?


Ich liebe Veränderungen und bin jemand, der gerne springt. So viel wie möglich auszuprobieren, zu entdecken und Neues zu wagen gibt mir das Gefühl lebendig zu sein. Bleibt man immer nur auf einem Weg, kann man nicht wissen, wie die anderen sich anfühlen. Das spannendste Projekt ist für mich eines, das mich herausfordert und meinen Alltag verändert. Seinem Leben keinen Raum zu geben für Scheitern und Erfolge, Tränen und Freude, finde ich sehr schade. Meiner Meinung nach kann man nicht viel falsch machen, wenn man etwas wirklich will und gut darin ist.


Unser Gehirn ist eher darauf ausgelegt, uns ständig vor Gefahren zu warnen und neigt deshalb dazu, aus Situationen die negativen Aspekte zu herauszufiltern. Was kann man deiner Meinung nach gegen die Angst des Scheiterns tun?


Das ist Übungssache. Ich habe nur gelernt zu scheitern, indem ich es getan habe. Der erste Schritt ist immer schwer. Wenn du dich mit Höhenangst drei Mal an eine Klippe stellst und unbeschadet wieder gehst, lernt dein Gehirn mit der Angst umzugehen. Dabei ist es wichtig kleine Schritte zu gehen und vielleicht zuerst etwas Kleines auszuprobieren, bei dem die Chance es zu schaffen nicht hoch ist und sich dann zu steigern.


Viele Menschen glauben sie hätten keine Zeit für Dinge, die ihnen wichtig sind. Wie findet man im Alltag Zeit für das, was nicht so dringend erscheint?


Am besten schaut man sich im Terminkalender an was man letzte Woche gemacht – und streicht dann alles auf was man hätte verzichten können. So gehe ich vor, um die Lücken dann nach und nach mit Dingen zu füllen, die mir wichtig sind. Man muss auch den Mut haben Unwichtiges zu eliminieren. Sonst steht irgendwann der Burn Out vor der Haustür.


Wie stehst du zu der Aussage: “Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.” Glaubst du, dass Mut mit Glück belohnt wird?


Nicht zwingend. Aber ich finde auch nicht, dass alles mit Glück belohnt werden muss, wenn für das große Ganze Glück der Begleiter auf deinem Weg ist.


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Im Gespräch mit:


Cecilia Capri myGiulia

Cecilia Capri kommt aus dem Journalismus, ist Bloggerin, Social Media- und Digitalstrategin und führt ein Online Label. Im Sommer 2015 gründete sie gemeinsam mit ihrem Mann Mathias „We Are Flowergirls“. Die beiden Wiener Kreativen haben das Ziel, Blumenkränze mit Charme, hoher Qualität und einzigartigem Eye-Catch Effekt zu produzieren. Zugleich bieten sie ihre Kreationen zu leistbaren Preisen an, sodass jedes Mädchen und jede Frau sich mit einem „We Are Flowergirls“-Kranz schmücken kann. Neben Vintage Seidenblumen verarbeiten die Flowergirls auch hochwertig getrocknet und konservierte Echtblumen zu Blumenkronen, Home-Accessoires, Sträußen und Dekorationen. Alle Kreationen sind 100% handgemacht in ihrem Wiener Atelier und entstehen aus herrlichen Rosen, Lilien, Tulpen und vielen weiteren Blumen, Blüten, Knospen und Früchten. In ihrem Grazer Store „White Bungalow“ und im Wiener Atelier kann man die Dried Flower Designs kaufen, ebenso wie online im Webshop von „We Are Flowergirls“.



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