Buchclub: „Beziehungsweisen und -Weisheiten“
- Christina
- vor 1 Stunde
- 5 Min. Lesezeit
Vier feministische Bücher zum Thema „Beziehungsweisen und -Weisheiten“ werden vom MQ Female Empowerment Buchclub von Lilian Klebow und Teresa Vogl hier vorgestellt:
Rebecca Solnit »Hoffnung in der Dunkelheit« (Matthes & Seitz)

„Hoffnung basiert nicht auf der Gewissheit einer bestimmten Zukunft, sondern auf der Anerkennung, dass die Zukunft offen ist und von unseren Handlungen beeinflusst werden
kann.“
Rebecca Solnit ist Feministin, Klimaaktivistin und auch unter anderem für den Begriff Mansplaining bekannt: Bei einer Party trifft Solnit auf einen Mann, der ihr begeistert von einem Buch erzählt, das sie selbst geschrieben hat – ohne zu merken, dass sie die Autorin ist. Der Mann unterbricht sie mehrfach, hört ihr nicht richtig zu und besteht darauf, ihr das Werk zu „erklären“. Solnit nutzt diese Szene als Metapher für ein typisches Muster geschlechtsspezifischer Kommunikation: Männer nehmen häufig automatisch an, dass sie mehr wissen oder kompetenter sind, selbst in Bereichen, in denen Frauen tatsächlich die Expertinnen sind.
Dieses Verhalten – später als „Mansplaining“ bezeichnet – beschreibt, wie Männer Frauen
herablassend oder belehrend etwas erklären, ohne deren Wissen oder Erfahrung ernst zu
nehmen.
Solnit zeigt, dass dieses Verhalten nicht nur peinlich oder lästig, sondern Teil eines größeren
gesellschaftlichen Problems ist: Wenn Frauen ständig unterbrochen, korrigiert oder ignoriert werden, wird ihre Glaubwürdigkeit insgesamt geschwächt. Das führt dazu, dass sie in wichtigen Fragen – von beruflicher Expertise bis hin zu Zeugenaussagen über Gewalt – oft weniger Gehör finden.
Es geht Solnit immer um die zwischenmenschlichen Beziehungen, auf persönlicher,
aber auch auf gesellschaftspolitischer und feminstischer Ebene. Trotz kritischer Beobachtungen geht es immer auch um Selbstbestimmung und den Glauben an die Zukunft. Wenn uns die Geschichte etwas lehrt, argumentiert Solnit in ihrem neuesten Essay, dann dass bisher noch jede Form des kollektiven Engagements Früchte getragen hat – wenn vielleicht auch andere als die ursprünglich angestrebten.
Ulli Lust »Die Frau als Mensch« (Reprodukt)

Lilian liebt Graphic Novels. Ihr Tipp ist es, einfach drauflos zu lesen und zu staunen, was es mit dir macht. Sie liebt es immer wieder neue andere Details zu entdecken und findet den vermeintlich spielerischen Umgang mit ernsten Themen dabei sehr nachhaltig. Denn ja, ein Bild sagt mehr als tausend Worte.
In Ulli Lusts neuestem Sach-Comic, an dem sie viele Jahre recherchiert und gezeichnet hat, geht es um das Sozialleben der frühen Menschen und das Frauenbild, das sie vermeintlich als Sammlerinnen darstellt. Lust veranschaulicht aktuelles Wissen aus der Archäologie, gepaart mit Ideen aus ethnologischen Beispielen, in Reflexion mit der Gegenwart, und erzeugt damit einen kritischen aber auch sehr humorvollen Blick auf unser Verständnis vom Frausein. Lust spielt dabei auch gerne mit der Sprache und Dialekt (siehe Foto) „Bist du a Bui oder a Mensch?" Wobei Mensch im alten österreichischen Dialekt für Frau steht. Das Mädchen mit dem Kurzhaarschnitt antwortet: „I bin a Mensch!"

Chimamanda Ngozi Adichie »Dream Count« S.Fischer

Die US-nigerianische Feminismus-Ikone und TED-Talk-Superstar Chimamanda Ngozi Adichie hat ihren lang erwarteten neuen Roman „Dream Count" veröffentlicht.
“Ich muss sagen, ich habe mir bei den ersten 100 Seiten wirklich schwergetan
hineinzukommen, alleine die vielen Namen, Nebenfiguren verwirren und benötigen viel
Konzentration, aber dann bin ich komplett eingetaucht.” sagt Teresa.
Besonders haben Teresa die Frauenstimmen Afrikas aufgerüttelt und wieder vor Augen geführt, wie sehr unser Frauenbild auf Europa reduziert ist.
In „Dream Count“ schildert Chimamanda Ngozi Adichie die miteinander verwobenen
Lebensgeschichten von vier Frauen: Chiamaka, Zikora, Omelogor und Kadiatou. Diese
Frauen leben zwischen Nigeria und den USA, sind teils privilegiert, teils marginalisiert, und
kämpfen mit Fragen von Identität, Selbstbestimmung, Liebe und Sichtbarkeit. Der Titel
„Dream Count“ spielt auch auf eine Art Bilanz an: Wie viele Träume wurden verwirklicht,
wie viele sind unterdrückt, wie viele geträumt?
Beatrice Frasl »Entromantisiert euch!« (Haymon)

Eines der aufwühlendsten Bücher für Teresa und Lilian im letzten Jahr, da die Inhalte und Denkanstöße im Alltag und Umgang miteinander so viele Spuren, neue Sichtweisen und
provokative Denkmuster offenbaren. „Ein Weckruf", so der Untertitel von „Entromantisiert euch".
lädt ein zu hinterfragen wie sehr Romantik und das perfekte Bild der Liebe uns suggeriert wird und idealisiert wird.
“Uns Mädchen wird beigebracht, dass wir heiraten werden und Kinder bekommen. Jungs werden nicht gefragt, willst du heiraten und mal Kinder bekommen. Das manifestiert sich als Lebensaufgabe ein Liebes Happy End zu finden.” Und was folgt dann?
Beatrice plädiert dafür, dass wir selbstbestimmt entscheiden können, was Liebe für uns bedeutet. Denn heteroromantische Beziehungen bilden oft den Rahmen dafür, dass Frauen zwei Drittel der unbezahlten Arbeit übernehmen, weniger verdienen und in Abhängigkeiten rutschen. Die Realität ist also alles andere als romantisch. Unverheiratete Frauen ohne Kinder sind dagegen der Statistik nach die glücklichste und gesündeste Bevölkerungsgruppe. Sie haben eine höhere Lebenserwartung als verheiratete Frauen, während verheiratete Männer länger leben als unverheiratete. Viele romantische Beziehungen mit Männern schaden Frauen: gesundheitlich, emotional und wirtschaftlich. In diesem großartigen Essay arbeitet Beatrice Frasl diese Ungerechtigkeiten auf und plädiert für ein Umdenken in dem der Austausch und die Freundschaft zwischen Frauen so wichtig ist.
MQ Female Empowerment Buchclub
Lilian Klebow und Teresa Vogl inspirieren seit ungefähr zwei Jahren den weiblichen Intellekt mit ihrem eigenen Buchclub: Der MQ Female Empowerment Buchclub. In einer unterhaltsamen Doppelkonferenz stellen die beiden live eine Auswahl ihrer persönlichen Lieblingsbücher vor und nehmen Neuerscheinungen unter die Lupe. Ab sofort gibt es ihre Buchempfehlungen und Gedanken zu aktuellen Female Empowerment Themen zum Nachhören in einem Podcast

Lilian Klebow ist Schauspielerin, TV-Liebling, Moderatorin, Aktivistin und Feministin. Sie wurde einem breiten Publikum durch ihre Rollen in den TV-Erfolgen Stadt, Land, Mord und SOKO Donau/SOKO Wien bekannt. Nach ihrer Schauspiel- und Musicalausbildung in Wien feierte sie ihr Debüt im Jedermann bei den Salzburger Festspielen. Seither war sie in zahlreichen Kino- und Fernsehproduktionen sowie auf Theaterbühnen zu sehen. Darüber hinaus ist sie als Sprecherin und Sängerin mit eigenen Musikprogrammen aktiv. Lilian Klebow engagiert sich auch sozial: Für das Jane Goodall Institut fungiert sie als Ehrenbotschafterin und hatte diese Rolle auch für die im Jahr 2020 verstorbenen Friedensnobelpreisträgerin Betty Williams inne. Bereits seit ihrem 14. Lebensjahr ist sie überzeugte Umweltaktivistin.

Teresa Vogl studierte Germanistik, Romanistik und Musikwissenschaft in Wien und
Paris. Sie erhielt Gesangs-, Moderations- und Schauspielunterricht und ist heute als
Moderatorin und Schauspielerin tätig. Für ORF Radio Ö1 gestaltet und moderiert sie
die Sendung Pasticcio. Seit 2016 arbeitet Teresa Vogl als Redakteurin und Moderatorin in der TV-Kultur des ORF. Dort präsentiert sie regelmäßig Sendereihen wie die matinee, Wechselspiele oder Kultur aus der Vogl-Perspektive sowie Höhepunkte des österreichischen Kulturlebens – darunter das Neujahrskonzert und das Sommernachtskonzert der Wiener Philharmoniker, die Übertragungen von den Bregenzer und Salzburger Festspielen sowie den Opernball. Auch abseits der Kamera moderiert sie kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte, Galas, Preisverleihungen und Künstlergespräche.


