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Wie wir trotz Angst stark sein können

2020 ist in vielerlei Hinsicht kein leichtes Jahr. Bei vielen hat die Unsicherheit und traumatische Ereignisse Angst-Gefühle und Sorge hervorgerufen, die sie in dieser Intensität nicht kannten. Vielleicht sollten wir unser Verständnis von Angst als Schwäche oder als etwas, das einfach beseitigt werden muss, hinterfragen um so unsere Lebensqualität erheblich zu steigern.



Wenn es um Angst geht, haben wir alle ein sehr unterschiedliches Empfinden. Unser Körper ist darauf ausgelegt eine gesunde Angst vor riskanten Dingen zu haben, damit wir keine Entscheidungen treffen, die unser Leben gefährden könnten. Dieser Regulator möchte allerdings auch nicht, dass wir von Angst so gepackt und gelähmt werden, dass wir in unserem Leben nicht funktionieren können.


Im Gespräch mit Psychologin Univ.-Prof. Dr. Brigitte Lueger-Schuster wollten wir besser verstehen wie wir Angstgefühle erkennen können, was Angst über unsere Persönlichkeit aussagt und was man tun kann um sie zu kontrollieren. Sozusagen ein erster Schritt des Bewusstsein Schaffens für einen positiven und ehrlichen Umgang mit unseren Angstgefühlen.


Warum haben manche Menschen mehr Angst als andere?

Die Biografie spielt eine Rolle wie intensiv wir Angst erleben. Einerseits weiss man, dass die Sicherheit, die man in der Kindheit gelernt hat unsere Angstlevels beeinflußt.

"Denn wenn man ständig gewarnt wird, dass die Welt gefährlich ist, dann lernt man subjektiv dass die Welt tatsächlich gefährlich ist und folglich neigt man dazu in schwierigen Situationen ängstlich zu sein."

Andererseits hat das individuelle Ausmaß an Angst viel mit persönlichen Vorerfahrungen zu tun. Je mehr herausfordernde, oder traumatische Situationen man erlebt hat, desto leichter steigt der Angstpegel. Schwierig wird es immer dann, wen die traumatische Situation auf etwas trifft, was man schon einmal erlebt hat und was stark beängstigend ist.


Welche Reaktionen kann Angst hervorrufen?

Die häufigste Reaktion von Angst ist, dass man das vermeidet, wovor man sich fürchtet. Menschen, die besonders vorsichtig sind, tun manches nicht, weil sie sich davor fürchten. Behandlungsbedürftig ist massive Vermeidungen bis hin zu sozialer Isolierung, wo man vieles nicht mehr tut, oder zu Hause bleibt, weil man Angst hat, dass etwas passiert.


Was ist gesunde Angst, wo hört sie auf?

Wenn man gar nichts mehr tun kann, weil man sich fürchtet, weil man bei jedem Gedanken daran Schweißausbrüche, Herzrasen oder Kurzatmigkeit bekommt, also wenn man sich panisch fühlt, dann ist tatsächlich eine Schwelle überschritten, wo man sich professionelle Unterstützung suchen sollte. Diese Angst-Symptomatik ist allerdings relativ selten.

"Der Großteil der Bevölkerung kann sich mental selbst regulieren, atmet tief durch, sagt sich "reiß dich zusammen" und es geht wieder."

Hängt Angst mit unserer positiven oder negativen Grundeinstellung zusammen?

Aus Studien wissen wir, dass gute Widerstandskraft gegenüber schwierigen Situationen im Leben mit einer optimistischeren Lebenshaltung, mit einem bestimmten Maß an Humor und einer hohen Qualität von sozialen Eingebundenheit korreliert.

"Optimismus, Humor und soziale Eingebundenheit schützen uns davor allzu große Angst zu haben und auch mit schwierigen Situationen besser umzugehen."

Was man konkret tun kann, wenn man sich ängstlich fühlt ?

  • Ein erster Schritt ist immer die Konfrontation mit der Realität. Wenn man sich bewusst macht und überlegt, warum die Situation, ganz konkret Angst macht, dann erkennt man meist, dass es gar keinen Grund dafür gibt und kann sich über das eigene Nachdenken beruhigen.

  • Angst ist eine emotionale Überschwemmung, wenn man etwas nicht mehr einordnen kann. Daher empfiehlt es sich in so einer Situation einen Schritt zurück zu treten und sich selber zuzuschauen und zu erkennen: " Eigentlich kann ich das doch!"

  • Sich zu informieren hilft sehr häufig, weil man damit über die Gefühle Kontrolle gewinnt. Alles was ich weiß, macht weniger Angst, weil ich damit meine Emotionen ein Stück weit unter Kontrolle bekomme.

  • Was immer hilft sind Atemübungen. Langsam ein- und ausatmen, tief in den Bauch atmen. So kann man sich beruhigen und nachdenken um den nächsten Schritt zu tun.

  • Es gibt allerdings auch Stoffe (z.B. Kaffee) die körperliche Angstreaktionen anfeuern. Die Vermeidung dieser Stoffe kann uns unterstützen mit Angstgefühlen besser umgehen zu können.

  • Man kann auch trainieren weniger ängstlich zu sein, indem man in jeder Situation einen kleinen Schritt macht und beobachtet, was hab ich jetzt geschafft, was hab ich hinter mich gebracht und jetzt mache ich den nächsten Schritt.

  • Wenn das alles nicht funktioniert, kann man sich Hilfe holen und sich mit jemandem besprechen und austauschen. Zuerst einem Freund/einer Freundin, oder dem Partner und im nächsten Schritt einem Therapeuten.

"Angst ist in vielen Fällen etwas sehr Angemessenes, etwas sehr Sinnvolles, weil es auch ein Stück Überlebensmechanismus ist."

Gesunde Angst macht Sinn, weil man sich selber schützt und nicht in hochriskante Situationen hineingeht. Die Gesellschaft entwickelt sich nicht an den todesmutigen weiter, sondern an denen die beherzt durchs leben gehen.


 

Unsere Expertin


Univ.-Prof. Dr. Brigitte Lueger-Schuster ist Psychologin und Universitätsprofessorin für Psychotraumatologie an der Universität Wien. Sie befasst sich in ihrer Forschung mit Trauma und Traumafolgestörungen insbesondere bei Erwachsenen.Brigitte Lueger-Schuster war Präsidentin der „European Society of Traumatic Stress Studies" und Vorstandsmitglied der „International Society of Traumatic Stress Studies".


Kontaktinformationen findest du hier



 

So kannst du Angst über deinen Atem kontrollieren - von Lifecoach Pia Baur


Unsere Emotionen und Gedanken beeinflussen unseren Atemrhythmus. Das nächste Mal, wenn dich Sorgen und Angst überkommen, beachte dein Atemmuster. Es wird wahrscheinlich schnell und kurz sein. In einem Moment der Freude wird der Atem eher ruhig, tief und lang sein.

Da Stress ein Symptom von Angst ist, wandert der Atem eher in die oberen Regionen des Körpers und wird kurz. Die meisten von uns Atmen dort, anstatt tiefer in Bauch und Brustkorb. Alarm im Körper wird ausgelöst und Stresshormone gebildet. Dies wird meistens vom Geist und unseren Gedanken ausgelöst. Sorgen über die Zukunft, eine zu volle U-bahn, etc.

Andersrum kann aber der Atem unseren emotionalen Zustand sogar in wenigen Minuten beeinflussen. Wenn du bewusst den Atem einsetzt und wahrnimmst, hilft dieser, dein Entspannungssystem zu aktiveren und das Ausatmen zu verlängern. Du kannst rationaler und bewusster Dinge wahrnehmen und somit auch besonnener und oft gelassener reagieren. Er lässt uns klarer sehen, anstatt im „Fight und Flight“ System aus Panik zu handeln.

Diese beruhigende Atemübung unterstützt dich in nur 5min, jeden Tag in die Ruhe einzutauchen:

  • Setze dich aufrecht auf einen Stuhl oder Matte (es geht auch im Stehen), schließe deine Augen oder senke sie auf den Boden vor dich.

  • Atme nur durch die Nase ein und aus.

  • Mit jedem Atemzug lässt du den Atem erst in den Bauch fließen, die Bauchdecke wölbt sich nach außen (anders, als es die meisten von uns tun), dann in den Brustkorb bis zu den Schulterspitzen.

  • Beim Ausatmen senkst du den Brustkorb und ziehst sanft den Bauch zur Wirbelsäule.

  • Atme nun für 4 Schläge ein.

  • Halte den Atem auf 8 Schläge.

  • Atme aus auf 12 Schläge.

  • Wiederhole dies ungefähr 12 Mal.

Wenn du dich damit eingefunden hast, kannst du die Wiederholungen verlängern.

Idealerweise machst du dies morgens für 5min jeden Tag, um diese Fähigkeit zu trainieren.


Pia Baur ist systemischer Lifecoach, Meditationsleiterin und Yogaausbilderin, Business Trainerin für Resilienz und Kommunikation in München und Online.

Website: www.piabaur.de Social Media: Instagram & Facebook

Im Fully Connected Podcast (itunes, Spotify, Google, Youtube) findest du neben inspirierenden Talks zu Persönlichkeitsentwicklung tolle Übungen, die dir helfen in das innere Vertrauen, Positivität und innere Ruhe zu finden.


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