Nicole Adler: „Willst du etwas verändern, musst du mehr als EINE sein!“
- Christine Klimaschka
- 2. Mai
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Mai

TEXT & INTERVIEW: CHRISTINE KLIMASCHKA

Sie ist der Fixstern am österreichischen Firmament des kreativen weiblichen Netzwerkens. Auf ihrer digitalen Visitenkarte steht: writer / curator / female network / mentoring / salon & events / art / fashion / feminism / @wienforwomenonly. Und: Nicole Adler.
Wenn es um das Thema Verbindung geht, hat Nicole – nach 25 Jahren Erfahrung in den Bereichen Fashion Business, Journalismus und Förderungskultur, zehn Jahren als selbstständige Modedesignerin mit dem Label Machu Piccu, als Lektorin an der Universität Wien für Zeitgeschichte, Herausgeberin der erfolgreichen City-Guide-Serie for women only (bereits erschienen für Wien, Berlin, München, Hamburg, Zürich und Salzburg) und Gründerin der Plattform forwomenonly Network – vieles gesehen und noch mehr zu sagen.
Mit ihren Salons und ihrem Netzwerk hat sie die Tradition des Wiener Salons, der untrennbar mit der österreichischen Geschichte verbunden ist, neu gedacht und modern belebt. Hier vernetzte sich das liberale Bürgertum des 19. Jahrhunderts und mehrte so seinen Einfluss auf die politische Großwetterlage. Hier fanden auch die gebildeten Damen jener Zeit eine Spielwiese für ihren Esprit, für geistige Auseinandersetzung und Diskussion. Der politische und kulturelle Austausch, der dort gepflegt wurde, befeuerte die Bedeutung des aufstrebenden Bürgertums, das zur treibenden Kraft der demokratischen Veränderung in Österreich wurde.
Ich habe mit Nicole über die Bedeutung von female safe spaces im Jahr 2025, das Bandenbilden und die Freude an der Rolle der Gastgeberin und Ermöglicherin gesprochen.
Du hast seit einigen Jahren die in Wien historisch tief verwurzelte Tradition der Salons wieder aufleben lassen. Was war deine Idee dahinter, was war dein Antrieb?
Ich wollte einen female / feministischen Salon schaffen – in erster Linie, um jungen, talentierten Künstlerinnen und Kreativen eine Plattform abseits der etablierten Kunsträume und Galerien zu geben. Gleichzeitig wollte ich spannende Menschen zusammenbringen und mein Netzwerk erweitern, den Austausch untereinander beleben. Alles Dinge, die mir wichtig sind.
„Vor allem ist es mir ein Anliegen, Menschen einander vorzustellen oder Talenten eine Bühne zu bieten."
Du bist sehr gerne und eine sehr beliebte Gastgeberin. Was zeichnet eine gute Gastgeberin und eine gelungene Veranstaltung aus?
Ja, das ist etwas sehr Schönes: Menschen einen Rahmen zu bieten, in dem sie im besten Fall Neues erleben, inspiriert werden, gute Gespräche führen oder einfach nur zuhören – ohne Zwang, großen Druck oder Erwartung. Vor allem aber ist es mir ein Anliegen, Menschen einander vorzustellen oder Talenten eine Bühne zu bieten. Entertainment mit sinnstiftenden Inhalten zu verknüpfen. Eine gut gemischte Gästeliste gehört dazu – keine zu homogene Gruppe und immer wieder neue Impressionen, damit es aufregend und anregend bleibt.

„Build the community you want to live in. Die Veränderung ist man schließlich immer selbst."
Mit deiner erfolgreichen for women only-Serie hast du schon viele Städte bereist und speziell für Frauen porträtiert. Brauchen Frauen noch immer geschützte Räume – oder mehr denn je?
Gute Frage. Ja, ich denke, es ist nach wie vor wichtig. Bei for women only ging es mir vor allem um Sichtbarkeit und Wertschätzung dessen, was Frauen vollbringen, wofür sie stehen und wie sie unsere Welt gestalten. Wir müssen Banden bilden – wie es Katharina Häckel-Schinkinger in einem Kommentar für die Presse anlässlich des Frauentags formuliert hat. Das ist wichtig. Wir müssen uns verbinden, verbünden und uns gegenseitig sichtbar machen – und in relevante Positionen hieven.
Wie greifen für dich female empowerment und Networking ineinander?
Ich glaube daran, dass man durch Austausch, echte Gespräche über Themen, die uns bewegen, neue Türen öffnet – neue Räume, neue Möglichkeiten des Miteinanders. Auch wenn es „nur“ für ein Projekt, einen Wissensaustausch oder eine Empfehlung ist. Ähnlich wie wenn man einen Stein in einen See wirft – es entstehen Kreise, die größer werden und sich vervielfältigen. Build the community you want to live in. Die Veränderung ist man schließlich immer selbst.
Nicole umgeben von Frauen aus der Kunst & Kulturszene: Alexandra Markl, Karin Sorger, Anna Prinzhorn.
Welche Strategien hältst du für am effektivsten, um Frauen in kreativen Branchen zu unterstützen?
Sie sichtbar zu machen. Sie in Projekte einzubinden. Ihnen eine Bühne zu geben. Mentoring.
„Ich gehe sehr intuitiv vor."
Du umgibst dich gerne mit Kunst. Dein Augenmerk liegt dabei vor allem auf Künstler*innen. Wie beschreibst du deinen Kunstgeschmack und welchen Tipp würdest du Frauen geben, die gerne Kunst von Frauen sammeln möchten?
Ich gehe sehr intuitiv vor. Künstlerinnen, deren Bildsprache bzw. Inhalte mich ansprechen, die meine Sichtweise herausfordern – aber natürlich auch Künstlerinnen, die ich persönlich sehr schätze. Es ist eine Mischung aus diesen Faktoren – ich habe kein fixes Konzept. Ich befasse mich seit vielen Jahren mit Fotografie und Darstellung und schaue mir viel an: gehe zu Ausstellungen und in Galerien, besuche Künstler*innen in ihren Studios und Kunstmessen, reise gerne in Städte, um mir gezielt Ausstellungen anzusehen.
Ich empfehle zum Start Galerien und Kunstmessen zu besuchen, sich einer Institution anschließen und mit dieser Atelierbesuche machen. Kurator*innen-Führungen sind sehr empfehlenswert, weil man einen anderen Zugang zu den Ausstellungen und Arbeiten bekommt. Außerdem hilft es sehr sich einen Fokus zu setzen und sich mit Biografien weiblicher Künstlerinnen zu befassen.

Du hast bereits in vielen verschiedenen kreativen Bereichen gearbeitet und unterschiedliche Projekte ins Leben gerufen. Wie bringst du den Mut auf, Neues anzugehen? Welche Herausforderungen und Chancen siehst du in solchen Veränderungen?
Meist haben sich diese Übergänge sehr organisch entwickelt. Ich habe in meiner journalistischen Laufbahn ja auch einen recht harten Karriereknick erlebt, der mich emotional stark getroffen hat – eine Herausforderung, die meinen Blick auf Karriere und Erfolg verändert hat. Es geht oft nicht darum, gut und ambitioniert zu sein – man braucht auch Seilschaften und strategisches Denken, um sich zu positionieren und Impact zu haben. Ich bin leistungsorientiert aufgewachsen – meine Mutter war eine erfolgreiche Geschäftsfrau, das hat mich geprägt. Außerdem bin ich immer noch ungeduldig und neugierig und ich liebe, was ich tue – weiß aber mittlerweile, dass man Ausdauer haben muss. Gewisse Dinge brauchen Zeit. Ab einem gewissen Alter wollte ich mich auch von Männern nicht mehr kleinreden lassen – das war ein toller Wut-Motor. (lacht)
Die unterschiedlichen Lebensphasen, die man als Frau durchläuft, bringen immer wieder Neujustierungen und Herausforderungen mit sich. Mein Fokus hat sich von Mode zum Feminismus verlagert – ein guter und sehr stimmiger Prozess, weil ich hier vieles einbringen kann, das ich in der Mode gesehen und gelernt habe. Grundsätzlich mag ich Veränderungen – jedenfalls jene, die im Einklang mit einem inneren Reifeprozess oder neuen Lebensumständen einhergehen. Nicht die, die dir den Boden unter den Füßen wegreißen, also jene, die du nicht beeinflussen kannst. Aber letztendlich muss man auch diese stemmen – und im besten Fall positiv transformieren.
Woran arbeitest du gerade? Welcher Gedanke beschäftigt dich am meisten?
Ich arbeite an einem neuen Salonformat: The She Conversation Club. Dieser Club beschäftigt sich mit der politischen Lage und die damit einhergehenden Veränderungen – vor allem für Frauen und deren Rechte und Rollenbilder. Mich stört dieser „Boyclub", der sich formiert und alles, was bisher als Vereinbarung galt, wieder rückgängig machen will.
Infos zu Nicole findest du auf www.nicoleadler.com und @nicole_adler_
*Kooperation | Mitglied auf der Piazza