Zeitlose Provence – Frühlingstage im Luberon
- Christina
- 27. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Juni
TEXT & FOTOS: CHRISTINA KAISER
Es gibt Orte, die klingen zu schön, um wahr zu sein. Sehnsuchtsorte, von denen man zugleich angezogen und ein wenig abgeschreckt ist. Die Provence ist so ein Ort. Zu bekannt, zu viel fotografiert, zu viele Erwartungen. Kann es dort wirklich noch echte Momente geben, stille Winkel, leere Gassen, ein Gespräch auf Französisch – ohne Touristenfilter?
Und ja, spätestens seit dem Serien-Hit Emily in Paris hatte ich große Sorge, dass Serienfans mittlerweile jeden Winkel zwischen Gordes und Bonnieux belagern würden.
Wir wagen es trotzdem. Im Frühling, bevor die Lavendelfelder ihren berühmten violetten Rausch entfalten. Stattdessen: ein anderes Spektakel. Die Felder leuchten rot – Mohnblumen, so weit das Auge reicht. Wie gemalt, übertrieben schön. Es fühlt sich an, als sei man in ein Bild von van Gogh gestolpert.

Unsere Reise sollte vor allem eines sein: ein Wiedersehen mit der Zeit. Der Zeit, wie wir sie kannten, bevor wir Eltern wurden. Freundschaft, Müßiggang, ein gemeinsames Frühstück, das zum Mittagessen wird. Ich denke an das Zitat, das ich auf einem kleinen Schild neben einer Kapelle in Bonnieux lese: „Gott erschuf die Zeit, an die Eile hat er nicht gedacht.“ Und genau so versuchte ich mit meinen Freunden diese Reise zu erleben. Keine Pläne, keine To-do-Liste, nur Freundschaft, Leichtigkeit und ein bisschen Nostalgie.
Der Luberon, eine Gebirgskette aus Kalkstein und UNESCO Geopark, der sich rund 50 km südöstlich von Avignon in Südfrankreich befindet, empfängt uns wie ein liebevoll gedeckter Tisch. Die Steinhäuser, die blauen Fensterläden, der Duft von Rosmarin und Frühlingsblumen. Nichts wirkt hier inszeniert – es ist hier einfach so. Und vielleicht ist es genau dieser stille Charme, der einem das Gefühl gibt, angekommen zu sein.
Die Tage sind mild, die Abende kühl. Perfekt für Rotwein und Gespräche im Garten.
Highlights & Entdeckungen
Reisezeit April
Unser absolutes Highlight war die Zeit, die wir für unsere Reise gewählt hatten. Wir reisten an, sobald sich der Frühling wie Sommer anfühlte – ein erstes warmes Wochenende, ganz knapp vor dem großen Reiseansturm. Es ist genau dieser Moment, in dem alles aufblüht und die Landschaft vor Farbe beinahe vibriert.
Der Wochenmarkt in Lourmarin
Jeden Freitag findet dieser charmante, nicht zu große Markt statt, an dem einheimische Betriebe ihre Marktstände in den malerischen Gassen des Ortes aufbauen. Wir kaufen viel zu viel: Ziegenkäse, Oliven, Mandeln, Honig mit Lavendel, süße Erdbeeren und das beste Baguette des Urlaubs. Wir entdecken auch tolle Sommerkleider, Salatbesteck aus Olivenholz, handgemachte Steakmesser und bunte Pyjamas. Obwohl mein Französisch eingerostet ist, ergeben sich hier kleine, herzliche Gespräche. Wer die Sprache spricht, wird hier belohnt – mit Geschichten, Lächeln und einem Stück echtes Frankreich.
La Maison Valvert
Unser Bed & Breakfast bei Cathy und Pierre ist ein absoluter Traum. Das liebevoll restaurierte provenzalische Haus der Dänin ist etwas versteckt in den Hügeln und gibt das perfekte Gefühl von Urlaub bei Freunden mit ganz viel Privatsphäre. Wir frühstücken unter Feigenbäumen, Stille. Es ist einer dieser Orte, an denen die Zeit leise wird. Kein Fernseher, kein Stress, nur Zirpen und herrliches Licht.
Clover Gordes
Ich konnte es natürlich nicht lassen und musste das Restaurant aus der Serie Emily in Paris besuchen. Und ja, es ist genauso gut wie es aussieht. Französische Küche mit modernem Twist, wunderbarer Service und eine Aussicht, die atemberaubend schön ist. Nicht günstig, aber definitiv eine große Empfehlung.
Le Jardin sur le Toit
Unser absolutes Lieblingsrestaurant dieser Reise. Der Name ist Programm, denn die Terrasse dieses liebevollen Bistrots ist in einem Garten auf dem Dach – verwunschen, französisch, ein bisschen Boho, ein bisschen Pinterest, aber ganz ohne Kitsch. Alle Zutaten sind lokal und nicht nur fürs Auge eine Verführung. Man möchte einfach bleiben und Rosé trinken, bis der Sommer vorbei ist.
Vanille & Lilas
Für alle, die Concept Stores lieben und gerne neue Brands entdecken, ist diese Boutique in Gordes ein Must-See. Die Sammlung an chicen französischen Marken ist richtig toll.
Château La Coste
Ein Kunst-, Wein- und Architekturparadies bei Aix-en-Provence als perfekter Halbtagesausflug. Dieses Weingut bietet einen Kunstspaziergang durch den beeindruckenden Skulpturenpark mit Werken von Künstlern wie Louise Bourgeois, Damien Hirst, Oscar Niemeyer, oder Yoko Ono.
Ich habe nichts vermisst, auch nicht den Lavendel. Stattdessen habe ich Zeit gefunden. Zeit, Freundschaft wieder aufleben zu lassen. Zeit, nichts zu planen. Zeit, mich zu erinnern, wie leicht sich alles anfühlen kann, wenn der Tag von Farben bestimmt wird – nicht von Terminen. Der Luberon im Frühling? Vielleicht nicht die Provence aus dem Katalog. Aber vielleicht gerade deshalb: genau die richtige.